Bericht aus der Siegener Zeitung
Bei Griegs „Landerkennung“ sang der Männerchor 1888 Wilnsdorf mit Klavierbegleitung.
Am Flügel spielte Jens Neuser. Dirigent Thomas Bröcher ließ bei diesem Stück hören,
dass er auch ein ausgezeichneter Gesangssolist ist. Foto: ciu
Bröcher-Chöre im Apollo
Werbung für den Chorgesang
Siegen. Vier Meisterchöre unter Leitung von Thomas Bröcher konzertierten am Mittwochabend im
Siegener Apollo-Theater und begeisterten das Publikum.
ciu - "Es macht eine Riesenfreude", sagte am Mittwochabend einer, der mit seinem Tun auch denen eine Riesenfreude bereitet,
die vor ihm stehen und hinter ihm sitzen. Dem Dirigenten Thomas Bröcher ist die Leidenschaft für die Musik abzuspüren und der Wille,
gemeinsam mit anderen etwas Außergewöhnliches zu gestalten. Wie dieses Konzert "Vokal-Kontrast", bei dem sich vier (Meister-)
Chöre des aus Olpe stammenden, in Möllmicke lebenden Chorleiters im Siegener Apollo-Theater auf allesamt hohem Niveau
präsentierten.
Veranstalter war der Sängerbund Wilnsdorf
Den veranstaltenden Männerchor 1888 im Sängerbund Wilnsdorf (der sich besonders über das nahezu ausverkaufte Haus gefreut
haben dürfte), den Frauenchor Nova Cantica und den Gemischten Chor der Möllmicker Chöre Einigkeit 1909 sowie den Liederkranz
Netphen einte dies: ein achtsamer Umgang mit dem stimmlichen Potenzial, eben das, was Moderator Jan Vering, Musikdramaturg
des Hauses, mit "Leisestärke können" benannte. Es entstanden Klang-Gemälde von besonderer Qualität, fein gezeichnet dazu durch
ausgesprochen sorgfältige Artikulation.
Kostbarkeiten von Nova Cantica
Beispiele: Die Wilnsdorfer Sänger stellten in dem Spiritual "Soon Ah Will Be Done" dem locker-leichten ersten Teil das kräftige
"I want to meet my mother/my Jesus" entgegen (das wirkte!), und sie brillierten mit Griegs "Landerkennung" (Solo: Thomas Bröcher,
am Flügel: Jens Neuser), kosteten die harmonische und dynamische Vielfalt dieser hochdramatischen musikalischen Erzählung aus.
Nova Cantica boten zum Auftakt ihres Kurzprogramms mit Hugo Hammarströms "Kyrie" eine transparente, fast zerbrechliche
Kostbarkeit, die sich später im "Ave Maria" von Zoltan Kodaly spiegelte.
Liederkranz Netphen bot Melodiöses
Dass ein Chorkonzert immer auch von der Auswahl der Literatur lebt, wurde spätestens beim Auftritt des Liederkranz' deutlich.
Die Sänger aus Netphen hatten ein warmes, weiches "Kyrie" von Piotr Janczak dabei, Mathieu Neumanns "Feuerreiter"
(hier arbeitete die Lichttechnik im Hintergrund mit allem, was die rot-gelbe Farbpalette zu bieten hatte!) und Fritz Lubrichs
"Tamboursgesell", einem Paradestück für Männerchöre, die sowohl das melodiöse als auch das stimmgewaltige
Fach beherrschen.
Grönemeyers "Männer"
Gemischt ging es unmittelbar vor der Pause zu: Möllmicker Männer und Frauen sangen unter anderem Mozarts "Abendruhe"
(wunderschön!) und deuteten mit dem "Dabadu ..." in "Verstohlen geht der Mond auf" von Helmut Pieper an, dass es in Teil
zwei von "Vokal-Kontrast" hier und da auch heiter weitergehen würde. Etwa mit dem "Millionär" der Prinzen (hier ließ der Liederkranz
mit "Jungs-Stimmen" aufhorchen) oder mit dem von Peter Schindler rhythmisch variierten Volkslied "Kuckuck, Kuckuck ruft's aus dem
Wald" (Gemischter Chor Möllmicke) oder mit "La Cucaracha", von Nova Cantica effektvoll auch mit Klatschen und Stampfen inszeniert,
oder mit Grönemeyers "Männer", bei dem Sängerbund-Tenor Stephan Spork "den Herbert" machte. Es wäre noch zu erzählen von dem
anrührenden "Heidenröslein", den Schnellsprechpassagen aus Kodalys "Turot eczik a cigany", dem Silcher-Lied "O wie herbe ist das
Scheiden" oder dem so wunderbar "geradeaus" gesungenen Volks-Klassiker "Jetzt kommen die lustigen Tage". Zu berichten wäre von
manch launigem Interview ("wenn ich was Falsches sage, flieg ich aus dem Chor ..."), von Ehrengästen (wie NRW-Chorverbands-
Präsident Hermann Otto oder dem 1. Wilnsdorfer Beigeordneten Helmut Eich) oder von dem auch optisch stimmigen Bild, das die
Chöre abgaben. Kurzum: Dieses Konzert war beste Werbung für den Chorgesang - es endete ausgelassen und fröhlich mit dem
Bläck-Fööss-Song "Dat Wasser vun Kölle" mit Schlagzeug (Florian Droege) und Flügel und, na klar, einer Zugabe: "For The Longest Time".